Was *ist* Retro?

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Elk_Elch
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Was *ist* Retro?

Beitrag von Elk_Elch »

Dragonslayer hat hier in der Shoutbox Folgendes geschrieben:
Mich würde mal interessieren, was in 20 Jahren als Retro bezeichnet wird. Uncharted 2? Bioshock 2? 2D allgemein? Ich bin gespannt.
Das ist schwierig...

Auf der einen Seite würde ich sagen, Retro wird immer alles sein, was zurückliegt... aber das ist wohl zu sehr an der Definition aufgehangen.
Wenn man sich die Situation heute ansieht: Für mich ist Retro Dreamcast, Saturn, MegaDrive.
Für andere ist Retro ein PS2-Spiel in die PS3 zu legen und wieder andere holen ihren C64 aus dem Speicher, wenn sie sich retro fühlen wollen.
Wir haben eigentlich die volle Bandbreite, die bis zu den Anfängen zurückreicht.
Warum soll es nicht immer so bleiben? Warum sollten die Leute in 100 Jahren nicht immer noch Pong spielen?

Auf der anderen Seite... Wenn jemand bei Musik oder Kleidung von "Retro" spricht... dann denken wir da an die 70er oder 80er. Aber keiner denkt bei dem Wort an klassische Musik und Zylinder auf dem Kopf. Obwohl das ja genauso... *zurück*liegt.
Die ersten Asteroids-Versionen auf irgendwelchen Militärcomputern stehen ja eigentlich auch eher in Museen und nicht Wohnzimmern.


Die Frage ist von daher schon spannend. Eine gewisse Bandbreite wird immer dasein. Die Frage ist nur, wo die Bandbreite aufhört...

Heute kann ich mir meine Dreamcasts noch problemlos reparieren. Ersatzteile gibt es genug. Aber wie ist das in 20 Jahren? Muss ich mir dann die Platinen selber zusammenlöten?
Ältere Konsolen haben da den Vorteil ihrer Einfachheit... so ein MegaDrive. Das ist eine einzige Platine, wo man oben was reinsteckt.
Ich denke, Konsolen werden es immer schwieriger haben "retro" zu werden bzw zu bleiben. Neben technischen Finessen streben sie immer mehr nach den Netzwerken. Was ist mit zukünftigen Konsolen, die völlig abhängig von Netzen sein werden? Dieses games-on-demand-Zeug... Werden die überhaupt die Chance haben irgendwann retro zu werden, wenn jemand den Stecker zieht?

Games sind halt doch noch nicht so alt wie Kleidungsstile, Musik oder bildende Kunst.
Wenn man sich Radio/Fernsehen ansieht: Vieles ist schon verloren, weil niemand daran gedacht hat, es von einem Medium auf das nächste zu retten.

Verlust ist bei Kulturgut immer ein großes Thema. Ich glaube mit Kulturgut hat man einen Oberbegriff, mit dem man arbeiten kann. Games sind Kulturgut.
Schon immer ist enorm viel Kulturgut verloren gegangen. Wie oft ist in der Geschichte schon die Bücherei von Alexandria abgebrannt? Also bildlich...


Ich frage mich also: Wie *bleibend* werden die Spiele von heute im Endeffekt sein? Was wird gerettet, was geht futsch?
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DragonSlayer
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Re: Was *ist* Retro?

Beitrag von DragonSlayer »

Sehr schön formuliert.
Während man heute für ne schnelle Retroaction ohne original Konsole mal kurz die Flashversion oder eine Emulation am PC startet, wird das in Zukunft nicht mehr so möglich sein. Mit steigendem Kopierschutz und steigenden Hardwareanforderungen kann ich mir momentan nicht vorstellen, in 20 jahren ein jetzt aktuelles Spiel mal kurz ohne eine original Konsole oder deren rückwärtskompatiblen Nachfolger anzuwerfen.
Ich habe mein NES daheim noch immer und werde es auch nie hergeben. Warscheinlich werde ich meine Kinder dann anlügen und behaupten, dass das dann die aktuellste Konsole ist! :twisted:
Wenn die Tendenz wirklich in On Demand Cloud Gaming voranschreitet, fände ich es wirklich schade, wenn die einzigen Überbleibsel eines Spiels irgendwann nurnoch Erinnerungen, Trailer, Videos etc., sprich: nichtspielbares material, sein werden.
Was wird grafisch als Retro bezeichnet? Was 8 Bit Retro war, wird dann 1080p @ 60 FPS? Full 3D? Was jetzt "fotorealistisch" ist, wird in Zukunft dann wirklich realitätsgetreu? Spiele größeren Ausmaßes? Virtuelle Realitäten?
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Pirotess
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Re: Was *ist* Retro?

Beitrag von Pirotess »

Ich bin mir nicht sicher ob man in naher oder ferner Zukunft bezüglich Videospielen noch retro sein wird, ob man das verlangen danach haben wird zurückzublicken und sich retro fühlen zu wollen. Vll. wir der Schritt zur allg. Digitalisierung so enorm sein das man zumindest nicht mehr die Materie zum anfassen haben wird (vermutlich nur in Museen) sonder nur noch deren Emulation irgendwo im www.

Videospiele im allg. sind so oder so sehr schnelllebig, was in der Natur der Sache liegt, nichts anderes von dem ich wüsste hat sich in so kurzer Zeit so schnell entwickelt. Von diesem Standpunkt aus muss ich sagen, über kurz oder lang wird vieles in Vergessenheit geraten - schon heute ist dies der Fall - und vermeidlich neuem platz machen das aber eig. doch etwas altes ist. Selbst all die Firmen die Konsolen/Spiele produzieren werden irgendwann das eine oder andere unter den Tisch fallen lassen ob wegen Rechtlicher-, Technischer- oder Platz-technischer-Gründe.

Was meine möglichen Nachkommen anbelangt vermute ich nicht das sie mein Erbe weiterleben lassen, egal wie sehr ich zu Lebzeiten mein Herzblut da hineinstecke - irgendwann verkauft man halt eben den ganzen Krams von Oma und Opa.
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Re: Was *ist* Retro?

Beitrag von Elk_Elch »

Woher weißt du heute schon, ob du mal das Erbe eines Zockers hinterlässt?

Hast du schon fest eingeplant bis an dein Ende Videospiele zu spielen? :wink:


Wir wissen ja nichtmal, ob es richtige "Games" überhaupt solange geben wird wie uns. Und das glaube ich eher nicht. Damit meine ich nicht nur das Spiel samt Konsole zum Anfassen. Vor allem meine ich die Genres, die sich heute ausgeprägt haben, insbesondere Arcade-lastige Spielprinzipien.
Ich weiß nicht, inwieweit sich beispielsweise 2D-Prügler mit Arcadestick gegen interaktive Virtual Reality Porno-Simulationen behaupten wollen.

Irgendwann wird der Tag kommen, wo Leute sich auf Holodecks à la Enterprise tummeln um dort an Trugbildern von Automaten Pong zu spielen... aber wäre das wirklich Retro oder nur quasi-Retro?

Ich bin heute schon kein großer Freund von Emulationen... der größte Teil bietet eben doch nicht das selbe wie die Originale.
Die klassischen Emulatoren leiden oft an Macken. Das hängt sehr vom emulierten System ab.
Fertigemulationen von einzelnen Spielen, die man runterladen oder auf Compilations kaufen kann, werden manchmal grässlich durch lieblos reingeklatschte Zusatzmenus verschandelt. Da muss man echt aufpassen, was man sich zulegt und was nicht.


Während manche von uns sich Dinge wie "Wir haben früher noch bei jedem Wetter zehn Stunden lang draußen gespielt" anhören mussten, heißt es bei uns später dann nur noch "Wir haben wenigstens noch unsere Hände benutzt!"
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Re: Was *ist* Retro?

Beitrag von Pirotess »

Hast du schon fest eingeplant bis an dein Ende Videospiele zu spielen?
Absolut, wenn auch "eingeplant" das falsche Wort ist - denn das ist es nicht, so wie andere ihre Spielzugeisenbahn bis ins hohe Alter hegen und pflegen, wieso sollte ich dann nicht mehr zocken? Ich habe schon vor Jahren dafür gesorgt das mich die Dreamcast immer begleitet - wenn wir schon beim Thema sind.
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Re: Was *ist* Retro?

Beitrag von DragonSlayer »

Ich bin auch der festen Überzeugung, dass ich Zocker bleibe, solange es mir mein Verstand erlaubt. Als Rentner bekommt man doch erst richtig Zeit dafür! :D
Was Emulationen angeht, bin ich relativ schmerzfrei. Ich zocke ab und zu The Legend of Zelda - A Link to the Past. Eins meiner All Time Favourite Games.
Ganz ehrlich. Das letzte Mal, dass ich dieses Spiel original gespielt habe, ist doch schon einige Jahre zurück. Sollte es mindere Differenzen zum original geben, würden mir diese nicht auffallen oder dann auch nicht stören. Dafür, dass ich die Konsole samt Spiel jederzeit auf meinem USB Stick mit mir herumschleifen kann, gehe ich diesen "Verlust" gerne ein.
Für meine PSPgo habe ich mir vor einer Weile die Sega Classic Collection gegönnt. Laut diversen Review Seiten soll die Emulation sehr sauber durchgefüht worden sein.

Außerdem glaube ich fest daran, dass uns "richtige Games", was auch immer du damit meinst Al, nicht verlassen werden. Die Tendenz zeigt sich doch momentan schon ganz gut bei EA. Es werden nur noch Fortsezungen von etablierten Topsellern entwickelt, da ein finanzielles Risiko eines komplett neuen Games zu hoch ist. Meiner Meinung nach völliger Mist. Ein gutes Konzept, das es so noch nicht gab wird bei einer sauberen Ausführung auch dementsprechend ankommen. Man macht es sich eben gerne einfach. Man verlässt sich dann auf Firmen wie Nintendo, um die Barrieren des bisherigen zu durchbrechen.
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Re: Was *ist* Retro?

Beitrag von Elk_Elch »

Das geht jetzt zu weit...
Wenn du schon nicht weißt, was ich meine, dann komm mir nicht mit EA. Das geht nicht. Gar nicht. :lol:

Ich weiß nicht, woher ich vorhersehen sollte, ob ich als Knacker noch was zocken werde. Vielleicht bereiten mir bis dahin lange Waldspaziergänge ja viel mehr Freude. Schaun wir mal, was länger überlebt: Konsolen oder gesunde Wälder. Möglicherweise kann man bis dahin auch den Geruch von MegaDrive Cartridges sauber emulieren.
Nur eines weiß ich sicher: "Need For Street 162: Pro Spaceway" werde ich im hohen Alter nicht anrühren.

NFS und echte Games... das bringt mich aber zum eigentlichen Thema zurück: Retro - Need For Speed 2
Das ist ein Spiel, das sich bei mir eingebrannt hat. Ein kompromissloses Spiel, das sich als Spiel begreift, das Spiel sein will, Spiel ist. Es hat es gar nicht nötig sich völlig ernst zu nehmen, denn es hat Klasse. Wenn sich NFS2 vor meinem geistigen Auge abspielt, denke ich an diese wunderbaren mit kulturell-stereotypen Motiven (oder Dinos) vollgestopften Strecken und Soundtracks. Ich sage nur "Hell bent for Lederhosen" http://www.youtube.com/watch?v=exozRcnDV3c
Allein beim Gedanken daran hebt sich mein Brustkorb und ich fühle mich besser. Das ist reinrassig, fetzig, laut, überdreht. Einfach packend.
Und bevor da wieder irgendwas missverstanden wird... zu sowas ist jedes ernstgemeinte Genre, ob unverfälscht oder vermischt, in der Lage. Nur casualisierter Ware traue ich sowas nicht zu.

Wenn das Alter keine Rolle mehr spielt, dann ist ein Spiel ein wahres Game. Sowas wird seltener in einer Industrie, die ihre Spiele nicht mehr liebt, in der ein Markenname mehr wiegt als alles andere. Mut wird oft gelobt, aber nicht immer belohnt. Ich hoffe natürlich, dass sie nicht verschwinden die Games... aber drauf schwören würde ich nicht.

Meine Retrovision von EA mit solchen kernigen Spielen oder diesen seltsamen Cartridges mit dem knallgelben Plastiklogo an der Seite gefällt mir besser als eine Zukunftsaussicht von einem EA, das den halben Markt aufgekauft hat, und NFS 162, NFS 163 und NFS 164 gleichzeitig auf drei Kontinenten entwickeln lässt.

Wenn ich einen Publisher nennen muss, der heute etwas Besonderes macht, dann Paradox. Weniger wegen einzelnen Spielen, sondern dem ganzen Geschäftsmodell. Die Vorstellungen denen ihrer Fanbase von Spieltiefe wiegen dort als Kriterien viel. Wohin führt dieser Sonderweg heute? Zu einem Spartenpublikum.

Nintendo... da will ich jetzt gar nicht mit anfangen. Nein. Ich sag meine Sicht in Kürze so: Sie haben eine Mauer eingerissen um sich aus den Steinen einen hohen Turm zu bauen, auf dem sie jetzt sitzen. Zu mehr hab ich da keine Lust.


Aber wieder zu retro...
Zum *aktiven* Retrospielen gekommen bin wie andere durch SEGA. Wer als SEGA-Spieler die Jahrtausendwende mitgemacht hat, musste ein paar Jahre später entweder anspruchslos werden, beide Augen zudrücken oder sich der Vergangenheit zuwenden. Im Moment kann man erste Anzeichen von Besserung sichten, aber warten wir's mal ab.
Was sich für mich dadurch erschlossen hat, war vor allem Auswahl. Die Auswahl im Hier und Jetzt ist groß... aber wenn man sie um eine Zeitachse erweitert, bekommt man eine ganze Dimension spielbarer Geschichte.
Es ist ja auch nicht so, dass ich den Status Quo komplett zum Kotzen finde. Es ist eher das, worauf die Entwicklungen hinführen.
Ich kann keinen Prozess gut heißen, der auf lang oder kurz mein Hobby, das Retrospielen, bedroht.
Zukünftige Konsolen, die retro-untauglich sind, weil sie nutzlos sind, wenn jemand den Stecker vom Netzwerk zieht, wünsche ich mir nicht. Noch steckt die aktuelle Generation nicht so tief in der Scheiße drin, aber die Richtung ist vorgegeben.
Das erste Beispiel, das wir seit Kurzem haben, ist die alte XBox. Die ist schon etwas vermindert retro-tauglich durch die ganze Einbindung.
Um dieses Stück schart sich nicht wirklich eine bedeutsame Szene.

Auf der positiven Seite freue ich mich aber zu sehen, dass man als Retrospieler an den Herausforderungen wachsen kann.
Es reicht heute oft nicht mehr, eine alte Konsole vom Speicher zu kramen und anzuschalten.
Mit so Dingen wie ganz einfach Reparaturen muss ich mich beschäftigen. Das muss nicht immer nur lästig sein... irgendwann wird das auch ein Teil des Spaßes.
Dadurch nimmt man etwas mit. In der Zukunft werden es wohl neben Reaparaturen auch Modifikationen sein, mit denen man sich immer mehr auseiandersetzen muss.

Retrospieler tun schon heute ab und an Dinge, die sie nicht unbedingt dürfen, um ihre Spiele aufleben zu lassen. Bei manchen Endnutzerbedingungen, die mir in der Theorie nicht mal mehr erlauben, ein Spiel weiterzuverkaufen, fängt es schon an.
Das wird schlimmer werden... von beiden Seiten, Lizenzgebern und Endnutzern.

Mir gefällt auch ganz einfach die altmodische Vorstellung etwas zu bezahlen und zu haben, anfassen zu können.
Ich will nicht irgendwann selbst die Luft zum Atmen mieten müssen um sie verbraucht an den Anbieter zurückzuschicken.
Für manche Menschen sind Games elementar... wie Nahrung, Luft und Liebe.
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Re: Was *ist* Retro?

Beitrag von DragonSlayer »

Ich denke Retro an sich ist ein sehr weitläufiger Begriff, der durchaus subjektiv definiert werden kann.
Retro ist nicht nur ein altes Spiel, das vor 20 jahren mal aktuell war, sondern ein Bisschen auch das Gefühl, damals dabei gewesen zu sein.
Eine Erinnerung daran und vielleicht auch ein kleines Schmunzeln, wenn man bedenkt, wie jung und naiv man damals doch war. :D
Meine ersten Retro-Erinnerungen habe ich an Super Mario Bros. auf dem NES. Das war mein Einstieg in die Teufelsspirale! :D
Wenn ich daran zurückdenke, erinnere ich mich daran, wie viel Spaß ich mit solch einem simplen Spielprinzip hatte.
Es war einfach etwas unglaubliches, selbst zu bestimmen, was der Hampelmann in der Glotze anstellt. :twisted:
Wenn ich in 20 Jahren zurückblicke und an Red faction Guerilla denke, dann kann ich mir vorstellen, ein ähnliges Gefühl zu haben.
Kaum ein Spiel hat mir durchgehend so viel Spaß gemacht. Trotzdem glaube ich, dass es stark davon abhängig ist, was in 20 Jahren technisch möglich ist, um ein jetzt aktuelles Spiel als Retro zu bezeichnen. Wird es einfach Retro sein, weil es noch auf optischen Medien gespeichert wurde? Wird es Retro sein, weil es grafisch veraltet sein wird? Wird es Retro, weil man es noch mit konventionellen Controllern spielt?

Zum Thema "richtige" Games: Für mich gibt es keine "richtige" oder "falsche" Games. Nur weil ich ein Spiel nicht mag, heißt das nicht, dass andere, denen das Spiel gefällt plötzlich "falsche" Games zocken. Spieleentwickler entwickeln Spiele.

Thema NFS: Sehe ich wie du, Al. NFS ist für mich eine ausgelutschte Cash-Cow. Den letzten Teil an den ich mich gerne zurückerinnere ist Hot Pursuit.
Neuerdings arbeitet ja Criterion Games am neuen Teil. Den machern von Burnout traue ich es zu, wieder etwas frischen Wind in die Sache zu bringen.
Nintendo... da will ich jetzt gar nicht mit anfangen. Nein. Ich sag meine Sicht in Kürze so: Sie haben eine Mauer eingerissen um sich aus den Steinen einen hohen Turm zu bauen, auf dem sie jetzt sitzen. Zu mehr hab ich da keine Lust.
Da stimme ich dir voll und ganz zu. Nintendo hat den Core-Gamer aus den Augen verloren. Hier geht es rein um's Geld. Dass die Wii die Art Spiele zu spielen verändert hat, ist mittlerweile nur noch eine nette Ausrede nichts handfestes nachkommen zu lassen. Zelda, Mario, Metroid und Co sind die Angelhaken, mit denen Nintendo die harten Fans regelmäßig wieder in's Boot zieht, auch wenn dies nur temporär ist. Nintendo sollte sich genau überlegen, was sie in der nächsten Generation auf den Markt bringen, denn sonst kann sich der Spieß ganz schnell wieder umdrehen. Meine Hoffnung wäre ja, dass Nintendo neben einem Wii-für-jedermann Nachfolger eine Core-Gamer Konsole parallel auf den Markt bringen. Somit wäre der gesamte markt abgedeckt, ohne die eine Hälfte hängen zu lassen.
Was Nintendo jedoch Retro-mäßig richtig gut macht, ist die Möglichkeit Klassiker etlicher alter Konsolen kaufen und spielen zu können.
Ist das dann die Retro Zukunft? Eine Ecke im Online Shop für Retro Games und diverse Emulationsmöglichkeiten auf der aktuellen Hardware, oder direktes OnDemand Gaming aus der Retro Cloud? Für mich wäre das eine nette Lösung. Jäger und Sammler, die das original Plastik gerne rauskramen um eine Zeitreise zu veranstalten würden sich damit jedoch warscheinlich nicht zufrieden geben. Ich vermute aber, dass dies eher dem Modell entspricht, das momentan angestrebt wird.
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Re: Was *ist* Retro?

Beitrag von Cali »

Für mich ist höchstens ein Autoquartett retro ;-)
Bei Spielen gibt es schon Klassiker wie Bundesliga Manager Professional, Street Fighter, Wings of Fury, Monkey Islands und so weiter.
Diese Spiele waren nicht die letzten sondern immer die ersten ihrer Art und haben sich ("Das 1. Mal") ins Gedächtnis gebrannt, da haben ähnliche Spiele, die nachfolgen, eigentlich nie eine Chance.

Ich vermute, dass es in Zukunft auch kein Problem sein wird, heutige High-End Konsolen Spiele ganz easy auf dem Display der Mikrowelle oder Kaffeemaschine zocken zu können ;-) Im Ernst, ich gehe bei den aktuellen Entwicklungsschritten davon aus, dass man solche Spiele auf jedem computerverwandten Gerät im Idle Modus laufen lassen kann ohne dass die CPU ins Schwitzen kommt. Insofern wird es nur noch virtuelles Retrogaming geben, wobei es mir nicht weniger Spaß macht als den Amiga aus dem Keller zu holen um Golden Axe oder Double Dragon zu spielen.
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Re: Was *ist* Retro?

Beitrag von Knight »

Retro... ich denke dieser Begriff umschreibt nur vage das "Heute-gestern-Erlebnis", das Gefühl was man verspüren möchte, wenn man *heute* retro sagt und dabei an *gestern* denkt.

Eine Retrospektive bedarf erst mal einer gewissen Erfahrung die man selber erlebt hat. Themen die sich vor der Möglichkeit des persönlichen Erlebens abgespielt haben, sind für mich nicht mehr Retro, sondern historisch - und damit durchaus wertvoll, aber aus einer anderen, eher emotionslosen Sicht - weil da kein Gefühl ist, welches man damit persönlich verbindet. Bei Retro dagegen ist es so: für manch einen Umstand reicht da schon ein kleiner Moment um das Gefühl wieder aufleben zu lassen, welches man den Moment zuvor erlebt hatte. Für andere Umstände bedarf es eines längeren Zeitraumes um mit anderen zwischenzeitlichen Erfahrungen das Gefühl alter Sehnsucht wieder aufkeimen zu lassen, wenn ich mir den Moment des Gedankenschweifens, einer Tagträumerei, gönne.

Ist es genauso Retro, wenn ich heute an meine erste Liebe denke wie an meine erste selbstgekaufte Musik-Schallplatte oder mein erstes Videogame was mich so dermassen fasziniert hat das das Thema Videogaming eines der Grundpfeiler meiner Interessen für das weitere Leben wurde? Da möchte ich nicht unterscheiden - sondern, für mich, das mit einem einfachem ja konstatieren.


Wenn ich Retro nun nur mal auf das Thema Videospiele reduziere, so ist Retrogaming für mich bereits schon alles ab einer Technik, die nicht mehr der aktuellen Ebene entspricht. Dies kann ich nur sehr schlecht beschreiben... es ist eine Mischung aus Präsentation, graphischer und musikalischer Darstellung... aber natürlich auch der Hardwaregeneration, Steuerungsmethode, Ziel des Spiels... einer Melange dessen was ich heute eben nicht mehr von einer guten Videogame-Unterhaltung erwarte. Manches Retro-Gefühl funktioniert nur auf original-Hardware, anderes kann man auch gut per professioneller Emulation nachempfinden, wie zum Beispiel manche Titel auf der Wii Virtual Console... Weniger gut empfinde ich dabei ironischerweise, der selber noch die Zeit der Arcade-Automaten miterlebt hat (und durch solche mit einem Spiel "Xevious" und "Pengo" überhaupt erst das Interesse an Videospiele gewonnen hat), den via Xbox live kostenlos verfügbaren "Game Room", in dem in einer virtuellen Spielhalle 25 bis über 30 Jahre alte Arcade und Konsolen-Titel emuliert werden (die Arcade-Automaten selber muss man dann aber kaufen, nach einer 10-Minütige Demo). Hier wird mir aufgrund der nicht mehr vorhandenen "damaligen" Steuerungsmethoden der optimale Retrogenusses verwehrt. Und, ich bin einfach nicht mehr Reaktionsschnell genug. :o


Um an dieser Stelle mal einen Bogen von Retro zu Core/Casual Games zu schlagen:
Es gibt auch heute Spiele, denen man eine "Aktualität" auch nicht ansieht, besonders auf der graphisch nicht ganz so leistungsstarken aktuellen Nintendo Wii Konsole... sind das deshalb auch gleich Retro-Spiele? Natürlich nicht, denn sie sind aktuell. Aber weil selbst viele gute Wii-Spiele nicht in einer zeitgemäss aktuellen Form daherkommen sprechen viele (vor allem jüngere) Gamer nur allzu vorschnell von Casual Games ohne sich wirklich mal Gedanken zu machen was sie da überhaupt sagen. Der Mensch ist per sé dazu verleitet, sich ein schnelles Bild von seinem Gegenüber zu machen, für den ersten Eindruck und damit ein "Vorbereiten" eines entsprechendes Verhaltens ihm/ihr/es gegenüber. Diese instinktive, schnelle Symphatie-Einteilung macht es uns aber auch wieder sehr schwer, uns für ein wirklich komplexes, tiefgründiges und nachhaltig erfahrungsgebendes Werk zu begeistern, von dem man lange zehrt. So zieht man tendenziell doch eher den kleinen schnellen Genuss vor als sich lange Zeit in eine Sache hineinzuarbeiten. "Unterhaltung" wird da sehr schnell zu einem dehnbarem Begriff. Oder, um mal das Beispiel von Al aufzugreifen, bei Spielen von der Schmiede "Paradox-Games" die wirklich nur eine kleine erlesene Randgruppe an Gamern anspricht: soll ich etwa jeden Uncharted 2 oder Call of Duty - Modern Warfare 2 Gamer als Casual Gamer bezeichnen, nur weil dieser im Gegensatz zu mir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nichts mit der Komplexität und dem emotionalem Wirkungsgrad von Spielen wie z.B. Hearts of Iron 2 anfangen kann wo viel Einarbeitungszeit und eine lange Spieldauer die Regel ist? Wo die Summe kleiner Erfolge den Gesamtgenuss ausmachen?

Bin ich überhaupt in der Lage, einen Begriff zu etablieren? Oder macht dies die Summe der Mäuler aus die einen neuen Begriff mehrfach so lange wiederholen bis er sich breitgetreten hat? Killerspiele "for teh win". Retro, Core- und Casual Gaming bleibt damit weiterhin Ansichtssache.

Meine Prognose für die Zukunft der Videogames ist, dass der Mehrzahl der Menschen auch bei Videogames das gegeben wird was sie verlangen:
Den kurzen, flashigen Genuss eines AAA-Blockbusters mit so viel wie möglich Virtual Reality. Und alles was nicht neu ist oder danach aussieht, ist schlicht und einfach "Retro" , mit einem Furzer in den Sessel und dem Griff zum Bier. :roll:


Für mich kommt das nicht in Frage, daher bin ich für jeden Geheimtip eines Nischenproduktes stets dankbar. Da lass ich mich auch gerne als "ey Alter du bist voll Retro" bezeichnen :lol:
Ein Schneider fing ne Maus jaja, ein Schneider! :mrgreen:

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