Aamzon läßt neue Mitarbeiter 2 Wochen umsonst "probearbeiten

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Kenshin
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Re: Aamzon läßt neue Mitarbeiter 2 Wochen umsonst "probearbe

Beitrag von Kenshin »

Ein Freund von mir hat in dem Bereich gearbeitet. 6 Tage Woche, ne Menge Überstunden, schlechtes Gehalt, ...
Subunternehmer in der Logistik-Branche und Kurierdienste haben ziemlich bescheidene Arbeitsverhältnisse.
Selbst direkt bei DHL ist es nicht wirklich angenehm, aber in Subunternehmen hast du wahrlich die Arschkarte.
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Re: Aamzon läßt neue Mitarbeiter 2 Wochen umsonst "probearbeiten

Beitrag von Cali »

Verdi macht derzeit viel an Aktionen rund um Amazon,
weshalb ein Kumpel zum Geburtstag Ende Dezember sein Geschenk nicht rechtzeitig bekommen hat; :heulen:

http://www.amazon-verdi.de/
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Re: Aamzon läßt neue Mitarbeiter 2 Wochen umsonst "probearbeiten

Beitrag von Kenshin »

Man kann Amazon ja gerne an vielen Stellen kritisieren, aber die verdi Aktion ist schon ein harter Bullshit, da die Mitarbeiter für den Tätigkeitsbereich (Logistik, mit Einzelhandel haben die da alle null zu tun) sogar überdurchschnittlich bezahlt werden.
Es geht der verdi lediglich darum Macht zu gewinnen, da sie Mitbestimmungsrechte hätten wenn sich ein Tarifvertrag festigen würde.
Ausgeführt wird der Kampf seitens der verdi auf dem Rücken der Arbeitnehmer, die sie ja angeblich verteidigen, natürlich ;)
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Re: Aamzon läßt neue Mitarbeiter 2 Wochen umsonst "probearbeiten

Beitrag von Cali »

Das muss ich mir erst noch genauer anschauen Kenshin, bevor ich dir darauf antworten kann
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Re: Aamzon läßt neue Mitarbeiter 2 Wochen umsonst "probearbeiten

Beitrag von king-pat »

seh ich auch so, es sind halt Lagerarbeiter bei Amazon und keine Beschäftigten im Einzelhandel.
Amazon werden die Streiks langfristig nicht stören, wenn es ihnen zu blöd wird machen sie die Logistikzentren in Deutschland zu und versenden aus Polen und anderen angrenzenden Ländern. So kann man auch Arbeitsplätze kaputt machen.

Ich finde ohnehin dass Gewerkschaften zu viel Einfluss haben. Wenn ich im Radio Forderungen von 5 oder 6 Prozent höre bekomme ich die Kriese. Bei vielen Mittelständlern in der Produktion bleibt vom Umsatz nicht viel mehr übrig als ein paar Prozent.
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Cali
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Re: Aamzon läßt neue Mitarbeiter 2 Wochen umsonst "probearbeiten

Beitrag von Cali »

@King-Pat: Ich nehme an, du verdienst nicht viel mehr als ein Amazon Lagerarbeiter ;-) ?
Ich finde ohnehin dass Gewerkschaften zu viel Einfluss haben.
Das finde ich nicht, lediglich die Metallbranche ist (noch) sehr stark im Einfluss, was man aber auch in den Löhnen deutlich merkt.
Im Einzelhandel ist die Lohnentwicklung alles andere als berauschend, verdi hat viel zu wenig Mitglieder, die sich noch engagieren.
es sind halt Lagerarbeiter bei Amazon und keine Beschäftigten im Einzelhandel.
Sie sprechen bei Verdi doch von Versandhandel (siehe übernächstes Zitat).
Man kann Amazon ja gerne an vielen Stellen kritisieren, aber die verdi Aktion ist schon ein harter Bullshit, da die Mitarbeiter für den Tätigkeitsbereich (Logistik, mit Einzelhandel haben die da alle null zu tun) sogar überdurchschnittlich bezahlt werden.
Siehe auch hier das folgende Zitat. Eventuell sind alle in der Logistik allgemein echt scheiße bezahlt, aber die Taktik, zuerst den Branchenriesen zu attackieren, finde ich legitim
http://www.amazon-verdi.de/31 hat geschrieben:Auch wenn Amazon gerne sagt, dass man bei ihnen vergleichsweise gut verdient, der Vergleich hinkt. Bei allen Versandhändlern, die nach Tarif zahlen, gibt es wesentlich mehr. Und natürlich gibt es immer Unternehmen in anderen Branchen die weniger verdienen. Aber dann vergleicht man eben Äpfel mit Birnen. Oder wie in diesem Fall Packet-Dienste mit Versandhändlern.
Wir kämpfen für die Bezahlung nach dem Tarifvertrag des Versandhandels. So wird verhindert, dass sich Unternehmen durch niedrige Löhne im Wettbewerb besser stellen.
http://www.amazon-verdi.de/21 hat geschrieben:Amazon ist klassischer Versandhandel, wie Klingel und Otto auch und muss deshalb natürlich auch nach Versandhandelstarif bezahlen. Amazon ist der Lohndrücker der Branche, denn während Otto und andere faire Löhne nach Tarif bezahlen, hält man bei Amazon scheinbar wenig von gerechter Bezahlung. Während nach Tarif für den Großteil der Lager-Arbeiten im Versandhandel zwischen 11,47€ und 11,94€ Einstiegsgehalt gezahlt wird schickt Amazon seine Mitarbeiter mit einem Gehalt von 9,65€ bis 11,12€ nach Hause.
Wenn ich im Radio Forderungen von 5 oder 6 Prozent höre bekomme ich die Kriese.
Aber du weißt doch auch, dass es die Eröffnungsforderungen sind und man sich später irgendwo bei 2-3 Prozent treffen wird, so ist nunmal das Feilschen.
Amazon werden die Streiks langfristig nicht stören, wenn es ihnen zu blöd wird machen sie die Logistikzentren in Deutschland zu und versenden aus Polen und anderen angrenzenden Ländern. So kann man auch Arbeitsplätze kaputt machen.
Ich hoffe, dass es die Kunden stören wird und sie verstärkt bei in Deutschland operierenden Firmen bestellen werden.

Es geht der verdi lediglich darum Macht zu gewinnen, da sie Mitbestimmungsrechte hätten wenn sich ein Tarifvertrag festigen würde.
Ausgeführt wird der Kampf seitens der verdi auf dem Rücken der Arbeitnehmer, die sie ja angeblich verteidigen, natürlich ;)
Diese Macht oder wie King-Pat sagt "Einfluss" ist doch für eine Gewerkschaft das Allerwichtigste!
Wieso auf dem Rücken der Arbeitnehmer? Für sie entstehen doch Vorteile und sie werden ja auch nicht zu den Streiks genötigt (hoffe ich)

Doofe Frage, aber habt ihr kein mieses Gefühl, wenn ihr einigermaßen gut verdient und andere nicht mal die Hälfte eures Gehalts für ihre Arbeit bekommen? Egal ob als Krankenschwester oder Versandhandels-Lagerist?
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Re: Aamzon läßt neue Mitarbeiter 2 Wochen umsonst "probearbeiten

Beitrag von king-pat »

Klar verdien ich mehr als ein Lagermitarbeiter und ich hab auch kein Problem damit. Ich hab die letzten 20 Jahre hart daran gearbeitet. während viele in meinem Bekanntenkreis jedes Wochenende feiern waren hab ich den Großteil meiner (Frei-)Zeit in der Arbeit oder bei Weiterbildungen verbracht.

Das soll jetzt nicht heißen dass alle im "Niedriglohnbereich" in ihrer Jugend faul waren oder noch sind, aber wir leben eben in einer Leistungsgesellschaft.

Natürlich hatte ich auch Glück, meine Eltern haben sich um mich und meine Leistungen in der Schule gekümmert, ich bin gesund und hatte keine Schicksalsschläge.

Ich seh jeden Tag die andere Seite, Unternehmer die um ihre Existenz kämpfen, die ihren Mitarbeitern tarifliche Löhne zahlen und jedes Jahr schwitzen wenn wieder eine zusätzliche Erhöhung ansteht, weil sie genau wissen dass die Auftraggeber (oft aus der öffentlichen Hand) nicht bereit sind mehr zu zahlen. Also die Unternehmer die eben nur ein paar Prozent Gewinn haben. Gerade bei kleinen Unternehmen verdienen die Unternehmer oft nicht viel mehr als deren Angestellte.

Das Problem hat Amazon sicher nicht, dort wird auch genug Marge für 12 Euro pro Stunde da sein, aber es gibt genug Firmen wo das nicht der Fall ist.

Jeder sollte mit einem Job genug verdienen um davon zu leben. Mit 9,65 Euro pro Stunde ist das schon schwer (ca. 1200 netto bei Steuerklasse 1), das seh ich ein.

Ob die Angaben auf der Seite aus der Du zitierst so ganz den Tatsachen entsprechen kann ich nicht beurteilen, aber da wohl in Zusammenarbeit mit Verdi entstanden wäre ein Blick in eine zweite Quelle vermutlich angebracht.

Insgesamt steh ich als Vertreter von Unternehmern (als Steuerberater) und als Arbeitgeber eher nicht auf der Seite der Gewerkschaft, das muss ich schon zugeben ;)

Zur Beruhigung: Obwohl ich mehr verdiene als meine Mitarbeiter werden alle fair und in der Regel überdurchschnittlich gut bezahlt :)
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Re: Aamzon läßt neue Mitarbeiter 2 Wochen umsonst "probearbeiten

Beitrag von Cali »

Vermutlich passe ich nicht mehr in die Leistungsgesellschaft bzw. bin mit der unterschiedlichen Behandlung unzufrieden, obwohl ich durchaus auf der Sonnenseite des Systems gelandet bin, da ich fleißig gelernt und fleißig Party gemacht habe.

Vergiß nicht die ganzen Verlierer (nicht auf Amazon Arbeiter bezogen), die trotz Hochschulabschluß und langjähriger Berufserfahrung betriebsbedingt gekündigt werden und dann aufgrund des Alters nur noch schwer einen vergleichbaren Job finden. So landen viele Akademiker schnell in prekären Beschäftigungsverhältnissen, ohne dass sie es aufgrund von fehlendem Engagement "verdient" hätten.


Ich bin auch damit einverstanden, dass man für den verspäteten Berufseinstieg, das hohe Risiko der Selbstständigkeit gehaltstechnisch eine Kompensation erfährt, aber sobald jemand das 10fache seines geringverdienensten Angestellten oder Kollegen bekommt, dann ist es in meinen Augen einfach sittenwidrig und hat nichts mehr mit einer Leistungsgesellschaft zu tun.
Als später Berufseinsteiger hat man ja auch meistens länger "Kind" sein dürfen und meistens einen spannenderen Job mit mehr Abwechslung und geistger Herausforderung, man erfährt also alleine aufgrund der vermutlich höheren Erfüllung im Beruf bereits eine Kompensation.
Ich seh jeden Tag die andere Seite, Unternehmer die um ihre Existenz kämpfen, die ihren Mitarbeitern tarifliche Löhne zahlen und jedes Jahr schwitzen wenn wieder eine zusätzliche Erhöhung ansteht, weil sie genau wissen dass die Auftraggeber (oft aus der öffentlichen Hand) nicht bereit sind mehr zu zahlen. Also die Unternehmer die eben nur ein paar Prozent Gewinn haben. Gerade bei kleinen Unternehmen verdienen die Unternehmer oft nicht viel mehr als deren Angestellte.
Hier wäre mehr Transparenz schön. Natürlich gibt es auch die von dir genannten Fälle, vor allem bei Familienbetrieben, denen auch am langfristigen Wohl ihrer Firma und Mitarbeiter gelegen ist.
Auf der anderen Seite stehen große Konzerne, die extreme Gewinnmargen einfahren und gleichzeitig niedrigste Löhne bezahlen und zudem hohen Mitarbeiterverschleiß verursachen.

Ich hoffe einfach mal, dass die verdi Angaben durch die jeweiligen Betriebsräte der Firmen gesicherte Informationen sind, muss aber auch zugeben, dass ich keinen Amazon Mitarbeiter persönlich kenne.
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Re: Aamzon läßt neue Mitarbeiter 2 Wochen umsonst "probearbeiten

Beitrag von Elk_Elch »

Für mich ist die Bewertung von Gewerkschaftstätigkeit auch ein großes perspektivisches Problem.

Ich kann gewiss nicht über Geldsorgen klagen. Ich leiste mir, was ich möchte, und da ich da vergleichsweise bescheiden bin, lebe ich im gefühlten (beruhigenden und sinnbetäubenden) Überfluss. Aber wofür bekomme ich überhaupt Geld?
Ich habe ein (nicht wirklich schwieriges und zudem bezahltes) Studium abgeschlossen und eine Stelle angenommen, die momentan sonst keiner wollte. Auf meine nächsten beiden Beförderungen muss ich ledgilich warten. Nebenbei erlange ich im öffentlichen Dienst mit steigendem Dienstalter sogenannte Erfahrungsstufen, die nicht wenig ausmachen. Wiederum warten. Leistungsgesellschaft? Naja...
Da, wo ich wirklich beansprucht werde - das sind bei mir die ständigen Schichtwechsel und Nachtdienste - bekomme ich zwar eine Kompensation. Aber die sprengt im Vergleich nicht unbedingt den Rahmen, vor allem da ich die Bedingungen für die zulässigen Höchstsätze oft doppelt übererfülle. Auch für die Verantwortung, die ich in meiner Funktion trage, gibt es eine Zulage. Beides zusammen läppert sich schon ein wenig, aber es ist nicht der Löwenanteil.
Und dann noch die Sache mit der Arbeitsbelastung... Klar: Stress habe ich sogar recht oft. Aber hätte ich ihn nicht - ich würde im Geldbeutel keinen Unterschied bemerken. Und meine größte körperliche Beanspruchung besteht darin, den Bürosessel richtig einzustellen, in dem ich lange Tage und Nächte verbringe.

Zu dem Betrag, den ich verdiene, habe ich überhaupt keinen Bezug. Für mich wahrscheinlich ein Grund für den Beruf. Ich möchte lieber unbehelligt und gewissenhaft meine Pflichten erledigen, als irgendetwas zu "leisten".
Ein Freiberufler hat da einen ganz anderen Kontakt mit dem Geld. Pat ja sogar in doppelter Hinsicht: Geld als Gegenstand und als Resultat der Arbeit. Ein Freiberufler kann im Monat mehr verdienen, wenn er sich zu mehr Arbeit peitscht. Ich kann mir schon vorstellen, dass ein Freiberufler auf diese Art Leistung und Lohn wahrnimmt.

Aber wie ist das mit dem Rest der Gesellschaft? Der öffentliche Dienst mag ein krasses Beispiel sein. Aber werden andere abhängige Beschäftigte denn nach ihrer Leistung bezahlt?
Meistens geht es doch nur darum, welchen Bildungsabschluß man vorweisen kann. Natürlich gibt es Menschen, die den ihren in erster Linie durch Anstrengung erlangt haben. Vor allem solche aus einfachen Verhältnissen, die sich ein Studium komplett selbst finanzieren mussten. Aber ist das der Normalfall in unserer Gesellschaft?

Ich habe das Gefühl, vielen Menschen reicht das Geld auf dem Konto als Bestätigung dafür, dass sie mehr leisten als andere. Was und wie da eigentlich mehr geleistet wird, hinterfragt doch kaum einer.
Aber lehne ich mich dagegen auf gut bezahlt zu werden? Mit solch einer Selbstlosigkeit kann ich mich nicht rühmen...

Die einzigen, die hier etwas anpacken, sind doch Gewerkschaften oder die ihnen nahestehenden politischen Akteure. Diese Legitimation kann ich einerseits verstehen.

Andererseits lebe ich in einer völlig anderen Welt. Arbeitskampf? Das Recht dazu habe ich nicht. Es ist nicht so, als hätte ich an meinen Arbeitsbedingungen nichts zu beklagen. Aber es geht nicht. Ich habe eine Pflicht zu erfüllen.
Es ist für mich schwer derlei Gewerkschaftsarbeit gedanklich nachzuvollziehen, oder die Lage der Betroffenen mitzufühlen.
Besonders deutlich wurde mir das während den Bahnstreiks im letzten Jahr. Durch Zufall ist es mir gelungen, JEDEN Streiktag mitzunehmen. Und in keinem Fall hätte ich - bedingt durch meinen Dienstplan - an einem anderen Tag reisen können. Eine Fahrt war eine offizielle Dienstreise. Die habe ich vollkommen übernächtigt unternommen, um noch schnell vor Streikbeginn zu meinem Bestimmungsort zu gelangen.
Da drängt sich natürlich der Gedanke auf: Ich muss mir den A**** aufreißen, um irgendwie MEINE eigene Pflichterfüllung wahrnehmen zu können, weil andere IHRE Arbeit niederlegen!
Ich weiß, dass das zu kurz gedacht ist. Wie gesagt: Ein perspektivisches Problem.

Wie kann eine Gesellschaft zusammenhalten, wenn wir einander immer weniger verstehen?
Ich denke, das forsche Auftreten von Dienstleistergewerkschaften seit einiger Zeit hängt mit der schwindenden Präsenz und Akzeptanz von Gewerkschaften in der öffentlichen Wahrnehmung zusammen. Im verarbeitenden Sektor haben sie so etwas wie Tradition. Aber der verliert in einer fortschreitenden wirtschaftlichen Entwicklung eben an Bedeutung.

Aber zurück zu Amazon. Die Leute, die dort im Lager schuften, sind praktisch unsichtbar. Wenn ich auf einer Internetseite einkaufe, sehe ich nicht, was im Hintergrund geschieht. Interessierte es mich allzu sehr, würde ich wohl nicht auf einer Internetseite einkaufen.
Amazon tut - taktischerweise - gut daran, alles daran zu setzen, solchen Diskussionen möglichst wenig Bühne zu bieten.
Ich für meine Teil würde wahrscheinlich gar nicht darüber nachdenken, wenn ein Päckchen mal ein paar Tage später ankommt. Amazon nutze ich schlichtweg aus Bequemlichkeit.
Irgendwo anders ein paar Euro mehr zu zahlen, würde mich nicht stören, denke ich. Aber dann müsste ich mir ja Alternativen suchen!

Die Marktmacht von Amazon wird von Rücksichtslosigkeit gestützt. Rücksichtslosigkeit nach innen setzt die Mittel frei, die nötig sind um ohne Rücksicht die Konkurrenz aus der Wahrnehmung potentieller Kunden zu verdrängen.

Als Konsument immer mehr über soziale Verantwortung nachdenken zu müssen ist nicht immer leicht. Kann ich in so einer Situation einer Gewerkschaft nicht sogar dankbar dafür sein, dass sie lärmt und poltert und mich auf die Probleme von Menschen aufmerksam macht, die ich sonst schlichtweg übersehen würde?
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Re: Aamzon läßt neue Mitarbeiter 2 Wochen umsonst "probearbeiten

Beitrag von DragonSlayer »

Elk_Elch hat geschrieben:Für mich ist die Bewertung von Gewerkschaftstätigkeit auch ein großes perspektivisches Problem.

Ich kann gewiss nicht über Geldsorgen klagen. Ich leiste mir, was ich möchte, und da ich da vergleichsweise bescheiden bin, lebe ich im gefühlten (beruhigenden und sinnbetäubenden) Überfluss. Aber wofür bekomme ich überhaupt Geld?
Ich habe ein (nicht wirklich schwieriges und zudem bezahltes) Studium abgeschlossen und eine Stelle angenommen, die momentan sonst keiner wollte. Auf meine nächsten beiden Beförderungen muss ich ledgilich warten. Nebenbei erlange ich im öffentlichen Dienst mit steigendem Dienstalter sogenannte Erfahrungsstufen, die nicht wenig ausmachen. Wiederum warten. Leistungsgesellschaft? Naja...
Da, wo ich wirklich beansprucht werde - das sind bei mir die ständigen Schichtwechsel und Nachtdienste - bekomme ich zwar eine Kompensation. Aber die sprengt im Vergleich nicht unbedingt den Rahmen, vor allem da ich die Bedingungen für die zulässigen Höchstsätze oft doppelt übererfülle. Auch für die Verantwortung, die ich in meiner Funktion trage, gibt es eine Zulage. Beides zusammen läppert sich schon ein wenig, aber es ist nicht der Löwenanteil.
Und dann noch die Sache mit der Arbeitsbelastung... Klar: Stress habe ich sogar recht oft. Aber hätte ich ihn nicht - ich würde im Geldbeutel keinen Unterschied bemerken. Und meine größte körperliche Beanspruchung besteht darin, den Bürosessel richtig einzustellen, in dem ich lange Tage und Nächte verbringe.

Zu dem Betrag, den ich verdiene, habe ich überhaupt keinen Bezug. Für mich wahrscheinlich ein Grund für den Beruf. Ich möchte lieber unbehelligt und gewissenhaft meine Pflichten erledigen, als irgendetwas zu "leisten".
Ein Freiberufler hat da einen ganz anderen Kontakt mit dem Geld. Pat ja sogar in doppelter Hinsicht: Geld als Gegenstand und als Resultat der Arbeit. Ein Freiberufler kann im Monat mehr verdienen, wenn er sich zu mehr Arbeit peitscht. Ich kann mir schon vorstellen, dass ein Freiberufler auf diese Art Leistung und Lohn wahrnimmt.

Aber wie ist das mit dem Rest der Gesellschaft? Der öffentliche Dienst mag ein krasses Beispiel sein. Aber werden andere abhängige Beschäftigte denn nach ihrer Leistung bezahlt?
Meistens geht es doch nur darum, welchen Bildungsabschluß man vorweisen kann. Natürlich gibt es Menschen, die den ihren in erster Linie durch Anstrengung erlangt haben. Vor allem solche aus einfachen Verhältnissen, die sich ein Studium komplett selbst finanzieren mussten. Aber ist das der Normalfall in unserer Gesellschaft?

Ich habe das Gefühl, vielen Menschen reicht das Geld auf dem Konto als Bestätigung dafür, dass sie mehr leisten als andere. Was und wie da eigentlich mehr geleistet wird, hinterfragt doch kaum einer.
Aber lehne ich mich dagegen auf gut bezahlt zu werden? Mit solch einer Selbstlosigkeit kann ich mich nicht rühmen...

Die einzigen, die hier etwas anpacken, sind doch Gewerkschaften oder die ihnen nahestehenden politischen Akteure. Diese Legitimation kann ich einerseits verstehen.

Andererseits lebe ich in einer völlig anderen Welt. Arbeitskampf? Das Recht dazu habe ich nicht. Es ist nicht so, als hätte ich an meinen Arbeitsbedingungen nichts zu beklagen. Aber es geht nicht. Ich habe eine Pflicht zu erfüllen.
Es ist für mich schwer derlei Gewerkschaftsarbeit gedanklich nachzuvollziehen, oder die Lage der Betroffenen mitzufühlen.
Besonders deutlich wurde mir das während den Bahnstreiks im letzten Jahr. Durch Zufall ist es mir gelungen, JEDEN Streiktag mitzunehmen. Und in keinem Fall hätte ich - bedingt durch meinen Dienstplan - an einem anderen Tag reisen können. Eine Fahrt war eine offizielle Dienstreise. Die habe ich vollkommen übernächtigt unternommen, um noch schnell vor Streikbeginn zu meinem Bestimmungsort zu gelangen.
Da drängt sich natürlich der Gedanke auf: Ich muss mir den A**** aufreißen, um irgendwie MEINE eigene Pflichterfüllung wahrnehmen zu können, weil andere IHRE Arbeit niederlegen!
Ich weiß, dass das zu kurz gedacht ist. Wie gesagt: Ein perspektivisches Problem.

Wie kann eine Gesellschaft zusammenhalten, wenn wir einander immer weniger verstehen?
Ich denke, das forsche Auftreten von Dienstleistergewerkschaften seit einiger Zeit hängt mit der schwindenden Präsenz und Akzeptanz von Gewerkschaften in der öffentlichen Wahrnehmung zusammen. Im verarbeitenden Sektor haben sie so etwas wie Tradition. Aber der verliert in einer fortschreitenden wirtschaftlichen Entwicklung eben an Bedeutung.

Aber zurück zu Amazon. Die Leute, die dort im Lager schuften, sind praktisch unsichtbar. Wenn ich auf einer Internetseite einkaufe, sehe ich nicht, was im Hintergrund geschieht. Interessierte es mich allzu sehr, würde ich wohl nicht auf einer Internetseite einkaufen.
Amazon tut - taktischerweise - gut daran, alles daran zu setzen, solchen Diskussionen möglichst wenig Bühne zu bieten.
Ich für meine Teil würde wahrscheinlich gar nicht darüber nachdenken, wenn ein Päckchen mal ein paar Tage später ankommt. Amazon nutze ich schlichtweg aus Bequemlichkeit.
Irgendwo anders ein paar Euro mehr zu zahlen, würde mich nicht stören, denke ich. Aber dann müsste ich mir ja Alternativen suchen!

Die Marktmacht von Amazon wird von Rücksichtslosigkeit gestützt. Rücksichtslosigkeit nach innen setzt die Mittel frei, die nötig sind um ohne Rücksicht die Konkurrenz aus der Wahrnehmung potentieller Kunden zu verdrängen.

Als Konsument immer mehr über soziale Verantwortung nachdenken zu müssen ist nicht immer leicht. Kann ich in so einer Situation einer Gewerkschaft nicht sogar dankbar dafür sein, dass sie lärmt und poltert und mich auf die Probleme von Menschen aufmerksam macht, die ich sonst schlichtweg übersehen würde?
Toller Beitrag Elk. Der Text spiegelt meine Meinung und Situation recht gut wieder.
Ich als ITler habe keine Gewerkschaft im Rücken und muss mir meine Gehaltserhöhungen selbst verdienen. Das ist mir bisher immer problemlos gelungen, weswegen ich auch nicht auf mein Konto achten muss, sei es wegen Urlaubsplanung, Wohnungseinrichtung oder um mein Zockerdasein zu finanzieren.
Leider ist mein einziger persönlicher Kontakt mit den Gewerkschaften immer ein negativer. In den letzten paar Jahren ist es mehrmals vorgekommen, dass Piloten, Stewardessen, Fluglotsen oder das Bodenpersonal im Wechsel gestreikt haben. Das ist für jemanden, der das ganze Jahr arbeitet und sich auf 2-3 Wochen Sommerurlaub freut natürlich sehr ärgerlich. Es ist wichtig und nötig, dass ich jemand für diejenigen einsetzt, die nicht in der Lage sind sich selbst bemerkbar zu machen, aber leider leidet im Endeffekt immer der Kunde mehr als der Konzern. Zumindest kommt es mir als außenstehender immer so vor.
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